Thekchen Chöling, Dharamsala, HP, Indien - Susan Bauer-Wu, Präsidentin des Mind & Life Institute, eröffnete ein Gespräch zwischen Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama, der Klimaaktivistin Greta Thunberg und den Wissenschaftlern Susan Natali und William Moomaw. Sie fragte Seine Heiligkeit: „Wie geht es Ihnen?“ Er lachte und antwortete: „Sehen Sie sich mein Gesicht an. Mein Körper wird alt, aber ich bin ziemlich fit. Und weil ich inneren Frieden habe, kann ich lächeln. Ich diene den sieben Milliarden Menschen, die heute leben, und setze mich für ihr Wohlergehen ein. Die Pandemie hat es uns schwer gemacht, zu reisen, aber diese Online-Technologie ist sehr hilfreich geworden.“
Bauer-Wu begrüßte die anderen Teilnehmenden, die Zuschauer und Zuhörer zu einer vielversprechenden globalen Zusammenkunft, um das Bewusstsein für Klima-Rückkopplungseffekte durch Wissenschaft, säkulare Ethik und soziales Handeln zu schärfen. Sie kündigte an, dass die Veranstaltung auch der offizielle Start einer Reihe von Kurzfilmen sei, die sich auf Klima-Notfall-Rückkopplungseffekte konzentrieren, in der Hoffnung, Menschen zum Handeln zu inspirieren.
Diana Chapman Walsh, Moderatorin des Gesprächs, erklärte, dass sich hinter zwei wichtigen Begriffen - Notfall und Möglichkeit - Rückkopplungseffekte verbergen. Da Wissenschaftler über die Auswirkungen von Rückkopplungsschleifen besorgt sind, ist es notwendig, die Menschen für diese Auswirkungen zu sensibilisieren. Wir müssen über Rückkopplungseffekte lernen, sagte sie, und dass die Kräfte der Natur auch Kräfte der Möglichkeit sind. Und wir müssen lernen, wie wir Teil einer Lösung sein können.
Sie erwähnte, dass Seine Heiligkeit und Greta beide die Wissenschaft respektieren und beide davon bewegt sind, wie dringend die Dinge geworden sind. Sie sind zwei Visionäre, die zum Handeln aufrufen.
Chapman Walsh zitierte Teile eines Briefes, den Seine Heiligkeit an Greta Thunberg schrieb und der in seinem neuen Buch mit Franz Alt – Der Klima-Appell des Dalai Lama - enthalten ist. In seinem Brief machte er diesen wichtigen Punkt: „Wir Menschen sind die einzige Spezies, die die Macht hat, die Erde, wie wir sie kennen, zu zerstören. Doch wenn wir die Fähigkeit haben, die Erde zu zerstören, so haben wir auch die Fähigkeit, sie zu schützen.“ Chapman Walsh fragte, was seine Gedanken waren, als er das Buch schrieb.
„Als ich hörte, was dieses junge Mädchen über die Umwelt und den Klimawandel nachdachte und was sie dagegen unternahm“, antwortete er, „war ich von Bewunderung erfüllt. Ich hatte das Gefühl, dass es ein wirklich hoffnungsvolles Zeichen ist, wenn jemand, der so jung ist, eine solche Sorge um den Planeten hat.“
„Jeder möchte ein glückliches Leben führen. Nicht nur die Menschen, sondern auch Tiere und Insekten. Jeder ist um seine eigene Existenz besorgt. Unsere menschlichen Gehirne sind etwas Besonderes, etwas Bemerkenswertes, aber wenn man sich unsere heutige Welt anschaut, sind die Menschen die größten Störenfriede. Andere Tiere essen, schlafen und haben Sex, aber wir Menschen denken in den Kategorien WIR und SIE. Wir schaffen viele gute Dinge, aber wir verursachen auch eine Menge Probleme. Wir denken an uns selbst, fokussieren uns auf meine Nation, mein Land und meine Familie in immer kleiner werdenden Interessenkreisen. Und doch hängt das Leben des Einzelnen von der Gemeinschaft ab, in der wir alle leben. Heute sind alle sieben Milliarden Menschen unsere Gemeinschaft. Wir müssen uns um die gesamte Menschheit kümmern, weil wir alle voneinander abhängen.“
Greta Thunberg eröffnete ihre Ausführungen mit Worten des Dankes, erstens an die Organisatoren für die Ausrichtung der Veranstaltung und zweitens an Seine Heiligkeit, weil er ein so entschiedener Verfechter der Notwendigkeit ist, sich der Umwelt und des Klimawandels bewusst zu sein. „Wir jungen Menschen möchten dafür danken, dass Sie sich für uns einsetzen. Es mag einen Altersunterschied zwischen uns geben, aber unser gemeinsames Ziel ist es, den Planeten zu schützen.“
Sie räumte ein, dass der Auszug aus ihrer Rede vor der UNO, der zuvor im Clip zu sehen war, dramatisch war. Sie sagte: „Allerdings mangelt es an Bewusstsein. Die Wissenschaft wird nicht genug diskutiert. Wir müssen das Bewusstsein verbreiten, denn die Leute wissen nicht, was passiert. Die meisten Menschen verstehen zum Beispiel keine Rückkopplungseffekte.“
„Unser Handeln hat Konsequenzen. Wir haben einen solchen Mangel an Respekt vor der Natur, dass wir die Konsequenzen nicht einmal in Betracht ziehen.“
Seine Heiligkeit antwortete: „Die menschliche Natur kann egozentrisch sein, aber jeder von uns hängt von unserer Gemeinschaft ab, um zu überleben; und heute ist unsere Gemeinschaft die gesamte Menschheit. Wenn wir uns um uns selbst kümmern wollen, müssen wir auch darüber nachdenken, was unsere Gemeinschaft braucht. Wir müssen einen praktischen Blick auf die gesamte Menschheit und diesen Planeten werfen, der unser einziges Zuhause ist.“
Bevor der erste Videoclip gezeigt wurde, erklärte Diana Chapman Walsh, dass sich Rückkopplungsschleifen auf Ursache und Wirkung beziehen. Treibhausgasemissionen sind die Ursache, die zur Erwärmung des Planeten führt. Dies wiederum führt dazu, dass in einer sich beschleunigenden Schleife mehr Treibhausgase freigesetzt werden.
Der Clip zeigt Greta Thunberg, wie sie bei einem UN-Treffen sagt: „Die populäre Idee, unsere Emissionen in zehn Jahren zu halbieren, gibt uns nur eine 50-prozentige Chance, unter 1,5 Grad zu bleiben... aber diese Zahlen beinhalten keine Kipppunkte, keine Rückkopplungseffekte und zusätzliche Erwärmung, die durch giftige Luftverschmutzung versteckt wird.“
Der Sprecher im Clip erklärte: „Emissionen aus fossilen Brennstoffen sind der Input, der der Atmosphäre wärmespeichernde Gase hinzufügt, die die Temperatur der Erde erhöhen und sich selbst verstärkende Erwärmungsschleifen in Gang setzen. Wenn sich das Klima erwärmt, geben die Wälder, die einst Kohlenstoff aufnahmen, diesen wieder in Form von Kohlendioxid an die Atmosphäre ab. Das sind die Arten von Rückkopplungsschleifen, die zu einer weiteren Erwärmung führen, und sie geraten außer Kontrolle.“
Chapman Walsh stellte zwei Wissenschaftler vor, Susan Natali, die in der sich schnell erwärmenden Arktis arbeitet, und ihren Kollegen, dessen Fachgebiet die Wälder sind, William Moomaw. Natali zeigte einen zweiten Clip über Permafrost. Sie erklärte, dass sich die Arktis doppelt so schnell erwärmt wie der Rest der Welt. Wenn der Permafrost schmilzt, bricht der Boden zusammen, was nicht nur das Klima durch die Freisetzung von Treibhausgasen beeinflusst, sondern auch die Landschaft völlig verändern kann. Natali kommt zu dem Ergebnis, dass die Erwärmung in der Arktis, aber auch auf dem tibetischen Plateau, um die Hälfte reduziert werden könnte, wenn wir Maßnahmen ergreifen, die Emissionen fossiler Brennstoffe deutlich reduzieren und unsere Wälder schützen.
William Moomaws Fachgebiet sind Wälder. Diese wurden im dritten Clip vorgestellt. Der Sprecher erklärt: „Es kommt darauf an, wie wir die Wälder der gemäßigten Zonen bewirtschaften. Menschliche Aktivitäten haben natürliche Erwärmungsschleifen in Gang gesetzt, menschlicher Einfallsreichtum könnte deren Richtung umkehren und sie stattdessen in kühlende Rückkopplungen verwandeln. Das würde bedeuten, Wälder zu schützen und zu erweitern, Sümpfe, Grasland und alle natürlichen Lebensräume zu bewahren ... .“
Moomaw wies darauf hin, dass die Kohlendioxid-Emissionen nach 1750 und den Anfängen der Industrialisierung zu steigen begannen. Die Hälfte aller vom Menschen verursachten Emissionen hat jedoch seit dem ersten Klimaabkommen 1992 stattgefunden. Die Emissionen zu stoppen ist wichtig, aber um unsere Flugbahn in Richtung eines freundlicheren Klimas zu ändern, müssen wir mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernen. Wälder sind der mächtigste Weg, dies zu tun. Der Wandel findet jedoch statt, weil Wälder wie der Amazonas weniger Kohlenstoff ansammeln als noch vor zehn Jahren.
George Woodwell, ein früher Pionier, der vor der Nutzung fossiler Brennstoffe warnte, sagte: „Wir müssen sehr fortschrittlich sein in unserem Übergang weg von fossilen Brennstoffen und hin zu einer neuen, grünen Welt. Aber das erfordert Vorstellungskraft.“ Moomaw beendete seine Ausführungen: “Wir dürfen nicht zulassen, dass die Maßnahmen zu spät kommen.“
Diana Chapman Walsh lud Seine Heiligkeit und Greta Thunberg ein, Fragen an die Wissenschaftler zu stellen, angefangen mit Greta. „Es gibt so viel zu fragen“, sagte sie. „Wie kommt es, dass Rückkopplungseffekte nicht in die globalen Kohlenstoffschätzungen einbezogen werden, wie Sie es gerade erklärt haben?“ Susan Natali antwortete, dass Wissenschaftler manchmal einfach langsam sind. Sie meinte jedoch, dass auch grobe Zahlen ausreichen können, um zu zeigen, wie ernst die Lage ist.
„Also“, fuhr Greta fort, „basieren Ankündigungen zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen auf unvollständigen Erkenntnissen. Was sollen wir tun, um das zu ändern?“
„Da die Gefahr besteht, dass die Bedeutung von Rückkopplungsschleifen unterschätzt wird“, sagte Natali, „müssen wir ehrgeiziger sein und uns mehr Gehör verschaffen.“
Seine Heiligkeit bemerkte: „Wir haben bereits Solarenergie und Windkraft und wir nutzen sie. Jetzt brauchen wir mehr Anstrengung. Wir müssen auf die Abholzung der Wälder achten; wir müssen die Umwelt besser schützen. In meinem eigenen Leben habe ich den Rückgang der Schneefälle miterlebt, zuerst in Tibet und später in Dharamsala. Einige Wissenschaftler haben mir gesagt, dass die Gefahr besteht, dass Orte wie Tibet irgendwann zu Wüsten werden. Deshalb setze ich mich für den Schutz der Umwelt in Tibet ein. Wir müssen mehr Bäume pflanzen.“
„Es hängt so viel von der Bildung ab. Tausend Jahre lang haben wir uns auf eine Weise verhalten, aber jetzt zwingen uns die globale Erwärmung und der Klimawandel dazu, unsere Beziehung zur Natur ernster zu nehmen. Wir erkennen, dass das Abschmelzen der Arktis Folgen hat, aber was können wir tun, um sie zu schützen? Zumindest können wir auf die Nutzung sauberer Energie umsteigen.“
„Ich habe einen Traum, und zwar dass es irgendwann mal möglich sein könnte, mit Solarenergie Entsalzungsanlagen an der Küste Nordafrikas und an der gesamten Küste Australiens zu betreiben, um sauberes Wasser zu produzieren, damit die Sahara und das australische Hinterland begrünt werden könnte.“
Chapman Walsh erinnerte daran, dass Seine Heiligkeit während seiner Rede zur Annahme des Friedensnobelpreises die dringende globale Sorge um die Umwelt erwähnte. Seitdem hat sich die Wissenschaft weiterentwickelt und mit ihr neue Wege, die Natur als Verbündeten für die Lösung des Problems der Rückkopplungsschleifen zu gewinnen. Die Entscheidungsträger schenken dem keine Beachtung, sagte sie, also müssen diejenigen von uns, die es verstehen, gemeinsam als eine Gemeinschaft handeln. Sie rief Greta dazu auf, ihren Aufruf zum Handeln zu formulieren.
„Wir haben fast keine Zeit mehr“, erklärte sie. „Wir müssen uns selbst erziehen. Wir brauchen Bewusstsein. Wir müssen verstehen, was passiert und auch, was nicht passiert.“
„Bitte bilden Sie sich weiter - es gibt so viele Informationen - und teilen Sie das, was Sie lernen, mit anderen. Wenn genug Menschen Veränderungen fordern, werden sie eine kritische Masse erreichen, die nicht ignoriert werden kann.“
„Konzentrieren Sie sich auf Lösungen. Die Erholung der Natur ist eine Lösung für die Klimakrise und die Krise der Artenvielfalt. Wir müssen alles tun, was wir können. Lassen Sie uns die Geschwindigkeit der Veränderung ändern. Ich möchte mich bei allen bedanken, die an diesem Gespräch teilgenommen haben, sowie bei allen, die es verfolgt haben.“
William Moomaw erklärte, dass wir, um ein sicheres Klima zu erreichen, die Arktis abkühlen müssen, was bedeutet, die damit verbundenen Rückkopplungsschleifen zu stoppen. Es ist wichtig, die Freisetzung von wärmespeichernden Gasen einzuschränken, aber die Rückkopplung wird weitergehen, selbst wenn wir die Emissionen heute stoppen würden. Zusätzlich zum Stoppen der Emissionen müssen wir mehr Möglichkeiten schaffen, Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu entfernen. Da größere Bäume am effektivsten sind, muss die Abholzung der Wälder gestoppt werden. Aber wir müssen auch aufforsten, Weidemuster ändern, den Umgang mit Feuchtgebieten überdenken und generell die Landwirtschaft verbessern.
Seine Heiligkeit wurde gebeten, ein Fazit zu ziehen. „Es scheint, dass, während sich das menschliche Leben über Millionen von Jahren entwickelt hat, wir alles als selbstverständlich angesehen haben. Wir haben die Ressourcen der Natur genutzt, ohne nachzudenken, und haben dadurch Probleme geschaffen. Wir müssen uns weiterbilden, um zu verstehen, dass sich unsere heutige Lebensweise ändern muss. Wir müssen die natürlichen Ressourcen anders nutzen. Wir müssen ernsthaft über die Realität der Situation nachdenken, in der wir uns derzeit befinden.“
„Bildung und die Bemühungen junger Führungskräfte können ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die Dinge ernst sind. Im Gegensatz dazu neigen wir dazu, unsere gewohnte Art, Dinge zu tun, als selbstverständlich anzusehen. Wir müssen stattdessen die Realität unserer misslichen Lage ernst nehmen. Wir müssen unsere Welt schützen.“
„In der Vergangenheit, wenn die Menschen mit Problemen dieser Größenordnung konfrontiert waren, wandten sie sich je nach ihrem Glauben an Gott oder den Buddha, um Hilfe zu erhalten. Aber Beten reicht nicht aus, wir müssen handeln. Was passiert, hängt davon ab, was wir tun. Die Probleme, mit denen wir konfrontiert werden, sind das Ergebnis unseres eigenen Verhaltens, deshalb müssen wir unsere eigenen Lösungen finden.“
Diana Chapman Walsh stimmte zu. „Sie haben Recht. Wir müssen Verantwortung übernehmen und handeln. Es muss soziale und Klimagerechtigkeit geben. Wir brauchen soziale Rückkopplungsschleifen, um der drohenden Gefahr zu begegnen. Wir müssen von unseren Führern verlangen, dass sie handeln, als würde das Haus brennen. Wir sollten uns daran erinnern, dass die Zusammenarbeit mit anderen ein Weg ist, um mit den Ängsten umzugehen, die wir angesichts der Geschehnisse empfinden mögen. Die Serie von fünf Kurzfilmen über Rückkopplungsschleifen, die zeigen, wie die Erde die Erde erwärmt, finden Sie hier: https://feedbackloopsclimate.com.“
„Wir danken Ihnen allen, dass Sie am Gespräch teilgenommen haben. Danke, Eure Heiligkeit, danke, Greta. Schließlich möchte ich dem Mind & Life Institute für die Ausrichtung dieser Veranstaltung danken.“
Seine Heiligkeit hatte das letzte Wort: „Dieser Anlass hat mir die Gelegenheit gegeben, die Gesichter vieler alter Freunde wieder zu sehen. Diese Angelegenheit liegt in jedermanns Verantwortung, und ich verpflichte mich, weiterhin für eine Lösung zu arbeiten. Ich möchte Greta dafür danken, dass sie das Thema so ernst nimmt, dass sie den Rest von uns ermutigt und uns Hoffnung gibt.“
„Als ich Präsident Obama traf und wir uns unterhielten, sagte ich ihm: ‚Sie sind jünger als ich, ich hoffe, dass Sie diese Ideen weiterführen, wenn ich nicht mehr bin‘, und er stimmte zu. Also appelliere ich in ähnlicher Weise an Sie, meine jüngere schwedische Schwester, weiterhin Verantwortung für die Menschheit und die Welt zu übernehmen. Ich danke Ihnen.“