Leh, Ladakh, UT, Indien - Nachdem Seine Heiligkeit der Dalai Lama den Pavillon auf dem Gelände in Leh, wo die Unterweisungen stattfinden, erreicht hatte, brachte Chhering Dorjey Lakruk, der Vizepräsident der Vereinigung der Buddhisten Ladakhs (Ladakh Buddhist Association), ein Mandala dar und andere Vertreter überreichten ihm Khattas. Anschließend wurden zunächst das Gebet Die Drei stets zu Praktizierenden und das Herz-Sutra gesprochen.
Seine Heiligkeit erzählte den Anwesenden, dass heute heute der erste Tag des sechsten Monats des tibetischen Mondkalenders ist und er deshalb am frühen Morgen Gebete und Opfergaben für Palden Lhamo darbrachte. Dann leitete das Rezitieren eines von ihm verfassten Gebets an die Dakini mit dem Löwengesicht (Siṃhamukhā) an.
Schließlich fuhr Seine Heiligkeit mit Shantidevas Text Verhaltensweisen der Bodhisattvas fort und erklärte, dass es ein wirksamer Text sei, dem man folgen müsse, wenn man ein sinnvolles Leben führen wolle:
„Die Tibeter und die Menschen in der Himalaya-Region sind mit Mantras, wie dem sechssilbigen Mantra von Avalokiteshvara (OM MA NI PAD ME HUM) und dem Mantra von Arya Tara (OM TARE TUTTARE TURE SVAHA) vertraut. Sie sollen sich aber auch stets glücklich schätzen und versuchen, ein sinnvolles Leben zu führen, indem sie warmherzig sind und sich darauf konzentrieren, letztendlich die Erleuchtung zu erlangen.
„Nachdem ich gestern eine allgemeine einführende Unterweisung gegeben habe, werde ich heute die Lesung des Textes von Anfang an fortsetzen.“
Seine Heiligkeit begann, das zweite Kapitel zu lesen und machte gelegentlich Anmerkungen, während er die Übertragung von Shantidevas Text gab.
Seine Heiligkeit empfahl den Anwesenden: „Der Text Verhaltensweisen der Bodhisattvas ist ein ausgezeichneter Leitfaden für die Entwicklung von Bodhichitta. Ich habe den Text immer in meiner Nähe und lese darin, wann immer ich kann. Darüber hinaus werden Menschen, die sich für das Thema Leerheit interessieren, vom Studium des neunten Kapitels dieses Textes profitieren.
„Die Anhänger der Nalanda-Tradition sind mit der Praxis vertraut, den Erleuchtungsgeist zu erzeugen, der sowohl Gesundheit als auch Glück hervorbringt. Wenn wir zu Buddha, Dharma und Sangha Zuflucht nehmen, müssen wir verstehen, dass der Dharma etwas ist, das wir in uns entwickeln müssen, damit wir die Pfade und Ebenen durchschreiten können, die als Ziel den allwissenden Zustand der Buddhaschaft haben.
„Das Mantra des Herz-Sutra zeigt den stufenweisen Weg zur Buddhaschaft.
„Wenn Avalokiteshvara im Herz-Sutra das Mantra der Vollkommenheit der Weisheit TADYATHA GATE GATE PARA GATE PARASAM GATE BODHI SVAHA rezitiert, dann sagt er damit den Schülerinnen und Schülern, dass sie die fünf Pfade durchlaufen sollen.
„Das Mantra bedeutet: GATE GATE – gehen, gehen (während des Pfades der Ansammlung und des Pfades der Vorbereitung und die erste Erfahrung der Leerheit); PARA GATE – darüber hinausgehen (auf dem Pfad des Sehens, die erste unmittelbare Einsicht in die Leerheit und das Erreichen der ersten Bodhisattva-Ebene); PARASAM GATE – völlig darüber hinausgehen (auf dem Pfad der Meditation und das Erreichen der nachfolgenden Bodhisattva-Ebenen); BODHI SVAHA – das Legen des Fundaments der vollständigen Erleuchtung.
„Unser endgültiges Ziel ist die Erlangung der Erleuchtung. Um sie zu erreichen, müssen wir den Erleuchtungsgeist, der Teil des Methodenaspekts des Pfades ist, mit dem Verständnis der Leerheit verbinden, das aus dem Weisheitsaspekt des Pfades besteht. Wir müssen uns dies vor Augen halten und uns darin üben, dem Pfad zur Erleuchtung in jedem Leben zu folgen.“
Seine Heiligkeit las Vers 8 aus dem zweiten Kapitel:
Den Siegern und ihren Söhnen
gebe ich mich ganz und bedingungslos hin.
Nehmt Besitz von mir, ihr erhabenen Wesen;
hingebungsvoll mache ich mich zu eurem Diener.
(2.8)
Und er betonte dabei, dass der Hauptzweck, sich den Buddhas und Bodhisattvas als Diener anzubieten, darin besteht, selbstlos für das Wohl aller fühlenden Wesen zu arbeiten.
Zu den Versen 22 und 23 des dritten Kapitels gab Seine Heiligkeit einen weiteren wichtigen Hinweis:
So wie die Sugatas der Vergangenheit
das Streben nach dem Erwachen erzeugt
und sich dann schrittweise
den Übungen der Bodhisattvas gewidmet haben,
3.22
will auch ich
zum Nutzen der Lebewesen
den Wunsch nach dem Erwachen hervorbringen
und ebenso die Schulungsregeln schrittweise üben.
3.23
Er sagte, dass er, sobald er morgens aufwacht, über den Erleuchtungsgeist nachdenkt. Diese Verse werden als Formel für die Erzeugung von Bodhichitta und für das Bodhisattva-Gelübde verwendet. Die restlichen Verse des dritten Kapitels heben die besonderen Qualitäten von Bodhichitta hervor.
Seine Heiligkeit las sich weiter durch den ganzen Text und machte dabei gelegentlich Kommentare.
Zu Beginn des neunten Kapitels wies Seine Heiligkeit darauf hin, dass die in den vorangegangenen Kapiteln enthaltenen Anweisungen alle dazu dienen, die Entwicklung der Vollkommenheit der Weisheit zu unterstützen, die im Mittelpunkt des neunten Kapitels steht.
Er stellte klar, dass die Art und Weise, wie das Wort „Geist“ in der zweiten Strophe des neunten Kapitels verwendet wird, sich auf eine dualistische Wahrnehmung bezieht. Im Allgemeinen gibt es verschiedene Aspekte des Geistes, wie den allwissenden Geist eines Buddha, den nicht-dualistischen Geist eines verwirklichten Wesens, das völlig in der Leerheit versunken ist, sowie gültige Erkenntnisse, Annahmen, direkte Wahrnehmungen, schlussfolgernde Erkenntnisse, Zweifel und so weiter.
Nachdem die Übertragung des Textes abgeschlossen war, forderte Seine Heiligkeit die Anwesenden auf, den Text selbst zu lesen und als Grundlage für die Entwicklung von Bodhichitta und eines Verständnisses der Leerheit zu nutzen.
Seine Heiligkeit verabschiedete sich mit den Worten: „Wir werden uns morgen wieder treffen. Dann werde ich die Ermächtigung von Avalokiteshvara, der Verkörperung des großen Mitgefühls, geben.“