Thekchen Chöling, Dharamsala, HP, Indien - Heute Morgen traf Seine Heiligkeit der Dalai Lama trotz des anhaltend kalten und regnerischen Wetters mit fast 500 der Studierenden zusammen, die vor kurzem den Nalanda-Masterkurs oder den Nalanda-Diplomkurs des Tibethauses (Tibet House) in Neu-Delhi absolviert haben oder derzeit daran teilnehmen. Es sind mehr als 4.000 Studierende aus 98 Ländern in den von Geshe Dorji Damdul am Tibethaus in Delhi geleiteten Kursen eingeschrieben.
Dr. Kaveri Gill stellte Seiner Heiligkeit die Studierenden und Mitarbeitenden des Tibethauses vor und dankte ihm, dass er ihnen einen Lehrer von solchem Format wie Geshe Dorji Damdul geschickt hatte.
Geshe Dorji Damdul überreichte Seiner Heiligkeit drei Statuen und ein gerahmtes Poster zu den Nalanda-Kursen. Er sprach Seiner Heiligkeit, dem Sikyong Penpa Tsering und der stellvertretenden Vorsitzenden des Tibethauses und ehemaligen indischen Außenministerin Dr. Nirupama Rao seinen tief empfundenen Dank aus.
„Wir alle sind Ihre Schüler“, sagte er zu Seiner Heiligkeit, „wir wollen von Ihnen lernen. Im letzten Jahrhundert war Mahatma Gandhi der Verfechter der Gewaltlosigkeit (ahimsa), im jetzigen Jahrhundert aber ist Seine Heiligkeit der Verfechter des Mitgefühls (karuna).“
Er würdigte alle, die an der Gestaltung der Programme im Tibethaus mitgewirkt haben, und erwähnte insbesondere Tempa Tsering, Jetsun Pema und Doboom Rinpoche. Er bestätigte auch, dass ohne die großzügige Unterstützung des indischen Kulturministeriums nichts zustande gekommen wäre, und sprach seine Dankbarkeit aus.
Weiterhin sagte er: „Wir versuchen, das Licht des Mitgefühls und der Weisheit, das Seine Heiligkeit hochgehalten hat, weiterzutragen, indem wir grundlegende menschliche Werte fördern. Mit der Hilfe von Telo Tulku haben wir kürzlich auch die Aktivitäten im Zusammenhang mit den Nalanda-Kursen auf russischsprachige Menschen ausgeweitet.
Wir hoffen, dass die universelle Ethik von den Vereinten Nationen angenommen wird. Wir beten, dass die führenden Politiker der Welt von Seiner Heiligkeit lernen mögen, wenn es darum geht, Frieden, Freiheit und Sicherheit zu erreichen. Möge die Welt weiterhin das Licht Ihrer Führung erfahren.“
Deepesh Thakkar, Hauptkoordinator der Nalanda-Kurse, begrüßte die Ehrengäste und erklärte, dass das Tibethaus lange, mittlere und kurze Kurse von sechs Jahren, 14 Monaten bzw. eineinhalb Monaten eingerichtet hat, um den Bedürfnissen der Studierenden gerecht zu werden. Die erste Gruppe, die den sechsjährigen Nalanda-Master-Kurs absolvierte, hat kürzlich ihren Abschluss gemacht.
Deepesh Thakkar merkte an, dass Geshe Dorji Damdul ein führendes Vorbild gewesen sei. Er stellte fest, dass unter den Studierenden doppelt so viele Frauen wie Männer sind und die Altersspanne der Studierenden von 14 bis 80 Jahren reicht.
Und er betonte: „Unser Ziel ist es nicht, den Buddhismus zu propagieren, sondern das Wissen, das er vermittelt, weiterzugeben, um so vielen Menschen wie möglich zu helfen, glücklichere und gütigere Menschen zu werden. Wir danken Seiner Heiligkeit aus tiefstem Herzen und danken auch dem tibetischen Volk, das sich seit Jahrhunderten für die Bewahrung der Nalanda-Tradition einsetzt. Wir beten, dass Seine Heiligkeit noch lange leben möge und bitten darum, dass wir weiterhin Belehrungen von ihm erhalten können.“
Seine Heiligkeit wandte sich mit einem Lächeln an die Zuhörenden: „Guten Morgen, meine Dharma-Brüder und Dharma-Schwestern. Es ist gut, dass wir diese Gelegenheit haben, uns zu treffen. Vielen Dank an alle, die an der Organisation dieses Treffens mitgewirkt haben. Nachdem ich so lange im Exil war, habe ich bei solchen Gelegenheiten so viele verschiedene Menschen getroffen, und wir haben voneinander gelernt.
Über die Lehre des Buddha schrieb Lama Tsongkhapa im Wunschgebet des Stufenwegs zur Erleuchtung:
Möge ich — tief bewegt vom großen Mitgefühl — in den Gebieten,
wo sich die höchste, kostbare Lehre noch nicht verbreitet hat
oder wo sie sich verbreitete, aber wieder nachgelassen hat,
den Schatz des Glücks und Wohlbefindens deutlich machen.
Zu den Orten, an denen sich der Buddhismus nicht verbreitet hat, gehören Europa und andere Länder. Früher haben die Menschen in diesen Ländern nur auf ihre eigenen religiösen Traditionen geachtet, aber heute interessieren sich viele für andere Traditionen, insbesondere für die spirituellen Traditionen Indiens.
Die Essenz der Nalanda-Tradition sind nicht Rituale und Gebete, sondern die Fähigkeit, den Geist zu transformieren. Wir haben das Tibethaus gegründet, damit die Menschen mehr darüber erfahren können. Tibet war nicht immer buddhistisch, wurde es aber im 7. und 8. Jahrhundert, als sich unsere Könige dafür interessierten. König Songtsen Gampo gab eine neue tibetische Schrift nach dem Vorbild des Devanagari-Alphabets in Auftrag. Als Shantarakshita auf Einladung von König Trisong Detsen in das Land des Schnees kam, konnte er daher empfehlen, dass die indische buddhistische Literatur ins Tibetische übersetzt werden sollte. Das Ergebnis sind die Sammlungen Kangyur und Tengyur.
König Trisong Detsen organisierte auch eine Debatte zwischen Kamalashila, dem Schüler von Shantarakshita, und Vertretern der chinesischen Mönche aus Hvashang. Er urteilte, dass Kamalashila in der Lage war, die Lehren des Buddha ausführlich zu erläutern, während sich die chinesischen Mönche hauptsächlich auf die Meditation konzentrierten.
Shantarakshita und Kamalashila legten einen Ansatz für Studium und Ausbildung fest, der darin bestand, das Verständnis durch Lesen und Zuhören zu entwickeln, dieses Verständnis durch Reflexion zu vertiefen, Vernunft und Logik anzuwenden und in der Meditation Erfahrung damit zu sammeln.
Weil wir uns auf Vernunft und Logik stützen, sind wir in der Lage, im Rahmen der säkularen Ethik etwas zum Wohl der Welt beizutragen.“
Seine Heiligkeit erwähnte, wie sehr ihm die Förderung der interreligiösen Harmonie am Herzen liegt. Er würdigte, dass verschiedene spirituelle Traditionen ganz unterschiedliche philosophische Positionen einnehmen können, aber was sie alle gemeinsam haben, ist die Betonung der Entwicklung eines guten Herzens. Er wies darauf hin, dass Indien eine beispielhafte Nation sei, in der alle großen religiösen Traditionen der Welt Seite an Seite gedeihen. Auch er erwähnte, dass es bei den Nalanda-Kursen weniger darum geht, dass die Menschen buddhistisch werden, sondern viel mehr darum, dass sie ihre eigene Praxis und ihren Glauben mit dem bereichern können, was sie von der Nalanda-Tradition lernen können.
Obwohl seitens des Tibethauses darum gebeten worden war, dass Seine Heiligkeit eine mündliche Übertragung von Lama Tsongkhapas Werk „Die drei Hauptaspekte des Pfades“ geben sollte, kündigte er an, dass er es bei dieser Gelegenheit vorziehen würde, die Übertragung von Lama Tsongkhapas Werk Lobpreis an das abhängige Entstehen zu geben. Er zitierte einen Vers aus diesem Werk:
Dem Lehrer folgend legte ich die klösterlichen Gelübde ab,
studierte die Lehre des Siegreichen gut
und war unermüdlich in der Praxis der Yogis:
derart ist die Hochachtung dieses Mönchs für den großen Geistvollen.
(Vers 53)
Seine Heiligkeit sagte, dass auch er große Dankbarkeit und Verehrung für den Buddha empfindet, weil er sich auf seine Lehre verlassen konnte, um den Erleuchtungsgeist und ein Verständnis der Leerheit zu entwickeln.
Er fügte hinzu: „Schon als Kind hatte ich die Neigung, nicht einfach zu akzeptieren, was mir gesagt wurde. Ich hatte das Bedürfnis, es zu hinterfragen und zu erforschen. Als jemand, der den Namen Dalai Lama trägt, kann ich nicht zu konventionellen Waffen greifen, aber ich kann argumentieren. Und ich kann meine Intelligenz nutzen, um die Lehre des Buddha zu untersuchen und sie anderen zu erklären. Hinterfragen und Erforschen sind das Herzstück der Nalanda-Tradition.
„Ich erhielt die Übertragung und Erklärung des Texts Lobpreis an das abhängige Entstehen von Khunu Lama Rigzin Tenpa.
Das abhängige Entstehen definiert die Lehre des Buddha. Von den zwei Silben des tibetischen Begriffs dafür, bedeutet die erste ‚abhängig‘ und die zweite ‚entstehen‘. Dies gibt uns einen Einblick in die Realität. Alles ist abhängig. Nichts ist unabhängig. Dinge entstehen in Abhängigkeit von anderen Faktoren. Da nichts unabhängig ist, entsteht alles durch abhängige Beziehungen.“
Seine Heiligkeit wies dann noch einmal auf die beiden Verse 7 und 8 hin, die den Buddha preisen:
Da diese Lehren nirgendwo anders zu finden sind,
wirst Du allein als Lehrer bezeichnet.
Für einen Tirthika wäre dieser Name Schmeichelei,
als würde man einen Fuchs Löwen nennen.
(Vers 7)
Vortrefflicher Lehrer, vortreffliche Zuflucht,
vortrefflicher Redner, vortrefflicher Beschützer!
Ich verbeuge mich vor diesem Lehrer,
der abhängiges Entstehen so ausgezeichnet beschrieb.
(Vers 8)
Seine Heiligkeit erklärte zum Abschluss: „Wir alle sind Anhänger von Buddha Shakyamuni und der beste Weg, seine Güte zu erwidern, ist die Entwicklung des altruistischen Erleuchtungsgeists und das Verständnis der Leerheit. Das ist es, was ich tue, und aufgrund dieser Praktiken fühle ich mich wohl.“
Seine Heiligkeit beantwortete mehrere Fragen aus dem Publikum, das sich anschließend in Gruppen zusammenfand, um sich mit ihm fotografieren zu lassen.