Bylakuppe, Karnataka, Indien - Heute Morgen fuhr Seine Heiligkeit der Dalai Lama vom Kloster Tashi Lhunpo, in dem er sich seit einem Monat aufhält, zum Kloster Sera Lachi, wo Gebete für sein langes Leben gesprochen werden sollten. Nachdem Seine Heiligkeit in der Versammlungshalle des Klosters angekommen war, traf sich er zunächst mit Ganden Tri Rinpoche, den Shartse- und Jangtse-Chöjes sowie den Äbten von elf klösterlichen Studienzentren: Sera Me und Sera Je, Drepung Gomang und Drepung Loseling, Ganden Shartse und Ganden Jangtse, Gyutö und Gyume Tantric Colleges, Tashi Lhunpo, Segyu und Ratö.
Seine Heiligkeit erläuterte ihnen: „Nur Tibet hat die vollständige Lehre Buddhas und das gründliche Studium dieser Lehre durch logische Beweisführung bewahrt. Da diese Tradition sehr wirksame Methoden zur Transformation des Geistes enthält, sollten wir uns bemühen, sie zu bewahren. Das sollten wir auch deshalb tun, weil das Verständnis für die Funktionsweise unseres Geistes und unserer Emotionen, das Teil unseres spirituellen Erbes ist, in keiner anderen spirituellen Tradition zu finden ist. Unser Verständnis der Psychologie gibt uns hervorragende Werkzeuge an die Hand, um unsere geistigen Leiden zu bekämpfen und positive Emotionen zu entwickeln. Und nachdem wir sie gründlich studiert haben, können wir diese Werkzeuge nutzen, um unseren Geist zu transformieren. Daher führt unser Studium der klassischen buddhistischen Texte zu einem praktischen Nutzen.“
Während dieser Begegnung rezitierten die Anwesenden in der Versammlungshalle Gebete, darunter der Lobpreis an die 17 Meister von Nalanda sowie das Namensmantra Seiner Heiligkeit.
Nachdem Seine Heiligkeit eine Butterlampe auf dem Altar hinter dem Thron entzündet hatte, nahm er mit Blick auf die Versammlung Platz. Zu seiner Linken saßen der ehemalige Ganden Tri Rinpoche, der Jangtse Chöje und die Äbte der elf Klöster. Zu seiner Rechten saßen der gegenwärtige Ganden Tri Rinpoche, Geshe Lharampa Lobsang Dorje und Mitarbeitende des Ganden Phodrang. Beamte der zentralen tibetischen Verwaltung saßen zusammen mit den Mönchen in der ersten Reihe der Versammlung. Das Gebet für ein langes Leben, das auf der Praxis der rituellen Darbringung an den Guru (Lama Chöpa) basiert, begann.
Es wurden Tee und Gebäck verteilt. Der Tee wurde mit der Rezitation eines Verses gesegnet, in dem er Lama Tsongkhapa und seinen beiden Hauptschülern dargebracht wurde.
Anschließend wurde zeremonieller süßer Reis serviert. Die Rezitation des Texts „Lama Chöpa“ erreichte die Stelle der Tsog-Opfergabe.
Als Vajra-Meister, der dieser Zeremonie vorstand, rezitierte der Jangtse Chöje, Gosok Rinpoche, die Bitte um das langes Leben Seiner Heiligkeit und überreichte symbolische Opfergaben wie ein Kissen mit einem gekreuzten Vajra-Emblem. Flankiert von den Äbten von Sera Me und Sera Je brachte er Seiner Heiligkeit zunächst ein Mandala dar, gefolgt von Darstellungen des Körpers, der Sprache und des Geistes der Erleuchtung, einer oberen Mönchsrobe (namjar), einer Sitzdecke (dingwa), einer unteren Mönchsrobe, einem Mönchsstab (kharsil), Symbolen der acht glückverheißenden Objekte, den sieben königlichen Emblemen und den acht glückverheißenden Substanzen.
Das von den beiden Tutoren Seiner Heiligkeit verfasste Gebet für sein langes Leben wurde rezitiert, während die Vertreter der internationalen Geluk-Organisationen und die Sponsoren dieser Zeremonie nach vorne kamen, um den Segen Seiner Heiligkeit zu empfangen.
Dann wandte sich Seine Heiligkeit an die Anwesenden:
„Heute wurde diese Zeremonie des langen Lebens hier in Sera durchgeführt. Die Mönche der drei großen Klosteruniversitäten Sera, Ganden und Drepung haben mir über so viele Jahrzehnte festes Vertrauen und Hingabe entgegengebracht. Ich fühle mich diesen klösterlichen Einrichtungen immer sehr verbunden und die Mönche dort behandeln mich mit besonderem Respekt. Das Vertrauen und die Verbundenheit zwischen uns ist unerschütterlich. Ich bete für das Wohlergehen der Mönche hier und in anderen Einrichtungen.
Als Ergebnis meiner früheren Handlungen und Gebete habe ich eine besondere Verbindung zum tibetischen Volk. Und wenn ich daran denke, ihm zu dienen, kommen mir Tränen in die Augen - wegen der innigen Gefühle, die ich für die Tibeterinnen und Tibeter hege. Aus tiefstem Herzen werde ich mich immer für die Sache Tibets und das Gedeihen des Dharma dort einsetzen, und in diesem Zusammenhang gibt es Anzeichen dafür, dass ich 110 Jahre alt werden könnte.
Die klösterlichen Einrichtungen Sera, Ganden, Drepung und so weiter werden von Menschen auf der ganzen Welt verehrt, die sich für das Studium der buddhistischen Philosophie interessieren. Viele dieser Menschen, vor allem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, bringen auch mir besondere Achtung entgegen. Sie werden von der Psychologie angezogen, die Teil unserer Tradition ist.
Ich werde ein langes Leben leben und ich bete, dass die besondere Verbindung, die ich mit den Tibeterinnen und Tibetern innerhalb und außerhalb Tibets habe, sowie mit anderen, die mich mit Respekt behandeln, weiterbestehen wird.
Das ist alles, was ich sagen möchte. Ihr habt diese Gebete für mein langes Leben mit der uneingeschränkten Hingabe aller Beteiligten vorgetragen – und ich habe sie gerne angenommen.
Ich kann euch sagen, dass ich 110 oder mehr Jahre alt werden werde. Bis jetzt habe ich mein Bestes getan, um den Menschen und dem Buddhadharma in Tibet zu dienen. Ihr wiederum habt diese Gebete für mein langes Leben gesprochen und ich möchte mich dafür bei euch bedanken“
Es waren noch Verse aus dem Text Lama Chöpa zu rezitieren, unter anderem die Spezielle einsgerichtete Bitte:
Du bist mein Guru, du bist mein Yidam,
du bist die Dakinis und die Dharmabeschützer.
Von heute an bis zur Erleuchtung
suche ich keine Zuflucht außer Dir.
In diesem Leben, im Zwischenzustand und
bis zum Ende aller zukünftigen Leben,
halte mich mit dem Haken deines Erbarmens.
Befreie mich von der Furcht des Samsara und des Nirvana,
verleihe mir alle Verwirklichungen,
sei mein beständiger Freund und beschütze mich vor Hindernissen.
Die Zeremonie endete mit einem Widmungsvers für das weitere Gedeihen der Tradition von Lama Tsongkhapa.
Lehrer und Schüler aus den Klöstern Sera Me und Sera Je stellten sich einzeln und in Gruppen auf, um sich mit Seiner Heiligkeit fotografieren zu lassen. Anschließend ging Seine Heiligkeit zu dem Mittagessen, zu dem er eingeladen worden war.
Später am Nachmittag verbrachte Seine Heiligkeit mehr als eine Stunde mit den Mönchen des Klosters Tashi Lhunpo, die sich seit dem frühen Morgen im Debattenhof versammelt hatten, um den Jahrestag des Ablebens von Gyalwa Gendun Drup, dem Ersten Dalai Lama und Gründer des Klosters Tashi Lhunpo, vor 550 Jahren mit Gebeten zu würdigen.